ONE STROKE

EIN-STRICH-METHODE

HSIEHY

EINEN GEDANKEN SPONTAN MALEN

MOXHI

TUSCHESPIELE

LI

DAS INNERE WESEN

– Die vier Malprinzipien des Shih-Tao –

TUSCHMALEREI — M/EIN ABENTEUER KUNST

Auf drei Chinareisen hatte ich das Vergnügen, in den wunderbar gestalteten Ausstellungen Landschaftsbilder auf Seide oder Reispapier betrachten zu können. Fasziniert war ich von der Ästhetik, ihrer harmonischen Wirkung, der Andersartigkeit und der verborgenen Geistigkeit! 

Bald darauf  erlebte ich in einem Workshop ein Highlight. Es war die Begegnung mit dem japanischen  Künstler und Kalligraphiemeister TAZUAKI TANAHASHI. Mittels der ZEN-MEDITATION vermittelte er mir neue Erfahrungen in der Tuschemalerei: das Malen kalligraphischer Zeichen mit schwarzer  Tusche und einem biegsamen Haarpinsel auf Reispapier. Mein künstlerisches Tun als Tuschemalerin begann unter seinem wunderbaren Einfluss.

Seit 25 Jahren bin ich der SCHWARZEN KUNST verfallen!

MEHR ERFAHREN

Die jahrzehntelange Beschäftigung mit der fernöstlichen Kultur führte mich zu alten, chinesischen MALTHEORIEN (4.-18.JH). Die Chinesen waren erstaunlich frühe Meister im Verfassen von kunsttheoretischen Traktaten mit geistreichen Fragestellungen. Das vormoderne chinesische Denken hat andere geschichtliche und lebenswirkliche Wurzeln als das Abendländische. Abgesehen von der Vielschichtigkeit der Wortbedeutungen sind diese alten Maltheorien für mich eine gewaltige Herausforderung bei der Umsetzung. Sie sind menschlich, zeitlos und wahr.

TSUNG PING (5.JH)

Die früheste Quelle über LANDSCHAFTSMALEREI finde ich bei dem Einsiedler TSUNG PING (5.JH).

Sein Traktat: FREUDE AN DER MALEREI galt als revolutionär. Er spricht vom EINSSEIN mit der Natur.

Ein ästhetisches Bewusstsein zeigt sich und auch Kunstkritik.

XIE HO (5.JH)

Der Maler XIE HO (5.JH) formulierte in der Malereitheorie SECHS PRINZIPIEN. 

Das erste: Ein gutes Bild soll VITALITÄT ausstrahlen und einen geistigen Gehalt  haben.

Das zweite: Es soll eine gute PINSELFÜHRUNG für die LINIE  haben.

Das dritte: FORMGEBUNG

Das vierte: FARBGEBUNG

Das fünfte: KOMPOSITION

Das sechste: Nachschaffen und KOPIEREN

Der Text ist bis heute für die chinesische Kunstkritik maßgeblich.

KUO HSI ( 11. JH)

Mit dem Maler KUO HSI  kommt NEUES in die Kunstgeschichte: Der Beginn einer LANDSCHAFTSMALEREI. Der Fokus liegt auf einer lebendigen Darstellung von Bergen und Gewässern in einer unberührten Natur. Ziel der Malerei ist am Ende: Die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit (ethische Haltung).

Kuo Hsi, Idyllischer Platz zwischen Bäumen und weiter Ausblick in die ferne,

Querrrolle, Tusche auf Seide, 34,8x102cm, John M. Crawford, New York

SHAN SHUI  (5.JH)

Die BERG-WASSER-MALEREI von SHAN SHUI ist Kulturerbe seit 1500 Jahren. Gemalte Landschaften waren nicht Spiegelbilder, sondern Abbilder kosmischer wie organischer Strukturprinzipien mit dem spirituellen Hintergrund von Konfuzianismus, Daoismus und Buddhismus. Die vegetative Lebenskraft QI, der ,,Kosmische Atem” durchströmte Berge, Felsen, Bäume, Wasser. Diese wurden auch mit somatischen Begriffen bezeichnet: Felsen=Knochen, Flüsse=Adern. Landschaft entstand beim Maler durch SICH EINFÜHLEN in die Natur. Alle Teile sind Teil eines Ganzen.

SHIH-TAO (17.JH)

SHIH-TAO war Landschaftsmaler und erneuerte die chinesische Malerei entscheidend.

Er nannte sich „Mönch Bittermelone“, sowie „Großer Tusche-Dummkopf“. Neu war: es geht jetzt um Spiel, um den Zufall und die künstlerische Freiheit. 

Seine Malerei-Konzeption mit Bezug auf die taoistische Spiritualität mündet in neuen Fachbegriffen:
Ein-Strich-Methode: one stroke
hsiehy: Einen Gedanken spontan malen
moxhi: Tuschespiele
li: Das innere Wesen
Damit wird die Tuschmalerei von der Tradition befreit und nimmt moderne Denkweisen voraus (action painting).

Shih Tao, Zehntausend Hässliche Tuschekleckse, datiert 1685, Handrolle 25,6 x 227 cm, ehemals Suzhou Museum